Schneller, sicherer, unpersönlicher: Statt Türsteher könnten in der Corona-Krise Maschinen die Einlasskontrolle vor der Disco übernehmen. Die Clubbetreiber sind skeptisch.
Kurz nach Wiederöffnung hatten die ersten Clubs mit «Superspreader»-Events zu kämpfen. Ihr Tracing-System versagte, die Partygänger hinterliessen auf den Gästelisten der Clubbetreiber zahlreiche Fake-Namen wie Homer Simpson und Max Muster und Fake-E-Mail-Adressen. Falsche Angaben durch Zettelwirtschaft liessen sich mit automatischen Einlasskontrollen verhindern. Die Maschinen scannen am Clubeingang den Pass oder die ID und das Gesicht des Besuchers und gleichen beides miteinander ab.
Nicht mehr stundenlang anstehen
Ein solches Gerät hat etwa die deutsche Firma Pyramid Computer entwickelt. Sie entwickelte vor Corona Bezahlterminals für Migrolino und Co. Nun setzt sie auch auf automatische Authentifizierungslösungen für Firmen, Clubs oder Open-Air-Veranstaltungen. Die Geräte lassen sich bei Bedarf auch mit Temperaturscanner, Ticketdrucker und mehr ausrüsten.
Pyramid-CEO Josef Schneider nennt gegenüber 20 Minuten weitere Vorteile der digitalen Türsteher: “Die automatisierte Kontrolle ist viel schneller als die händische, sodass die Besucher nicht stundenlang vor dem Eingang warten müssen, und das Risiko von Corona-Ansteckungen fällt für die Türsteher weg.”
Den Clubs droht eine schärfere Regulierung
Clubs könnten die Einlasskontroll-Maschine inklusive der nötigen Software von Partnerfirmen ab 1000 Euro pro Monat mieten. Doch noch sieht man sie nicht auf den Partymeilen. Die Lösung von Pyramid kommt im Kampf gegen die Corona-Pandemie erst bei Firmen wie der japanischen Telekommunikationsfirma NTT, beim weltgrössten Bierbrauer Anheuser-Busch oder im Detailhandel zum Einsatz.
“Im Nachtleben herrscht eine fatale Denkweise. Viele glauben, dass Corona bald wieder vorbei ist. Doch es wird nie mehr so sein wie früher”, sagt Schneider. Wenn sich die Qualität der Besucherregistrierung nicht verbessere, könnten sich die Regulierungen für die Clubs noch verschärfen, warnt Schneider.
Alkoholisierte Personen abweisen
Was halten die Clubs von den automatischen Einlasskontrollen? Die Betriebe seien grundsätzlich offen für neue Technologien zur Identitätsüberprüfung, sagt Alexander Bücheli, Sprecher der Bar- und Club-Kommission Zürich, zu 20 Minuten. Seit der Corona-Krise würden sie zwei bis drei zusätzliche Mitarbeiter für die Kontrolle brauchen.
Doch zur DNA des Nachtlebens gehöre die Gastfreundschaft. “Bei einer persönlichen Kontrolle können wir auch abschätzen, ob dieser Gast zur Veranstaltung passt, und stark alkoholisierte Personen können abgewiesen werden. Deshalb werden solche Stand-alone-Terminals wohl nie den persönlichen Check an der Clubtür ersetzen”, so Bücheli. Ob sich die Clubs die Lösung überhaupt leisten können, wollte Bücheli nicht sagen.
Finanzielle Hürde für kleine Clubs
Das Schweizerische Konsumentenforum plädiert gegenüber 20 Minuten dafür, dass die Clubbetreiber selber über den Einsatz der Geräte entscheiden können, denn für kleine Clubs könne die Finanzierung zu teuer sein, sagt Präsidentin Babette Sigg.
Allerdings gibt es auch kostenlose Lösungen, damit sich Clubs und Bars an die Auflagen der Kantone halten können, wie die Oltner Firma Eventfrog schreibt. Die Firma biete diverse Funktionen, die den Veranstalter bei der Verifizierung der Mobilnummer seiner Gäste unterstütze. Ausserdem könne mit einer App von Eventfrog die genaue Ankunftszeit der Gäste nachverfolgt werden.
Sigg hält die neuen Lösungen zur Einlasskontrolle für begrüssenswert, weil sie die Registrierung der Gäste vereinfachen könnten. Sie verstehe aber auch, dass die Clubbetreiber den persönlichen Kontakt mit den Partygängern nicht missen möchten. «Es spricht aber nichts dagegen, eine automatische Einlasskontrolle am Eingang hinzustellen und die Gäste trotzdem persönlich zu begrüssen», so Sigg.
Beim Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten heisst es auf Anfrage, dass die Clubbetreiber die Daten auch mit elektronischen Mitteln sammeln können. Sie müssen aber die datenschutzrechtlichen Vorgaben einhalten. So dürfen sie etwa nur die notwendigen Daten erheben und müssen sie auch wieder fristgerecht löschen.